3 Jahre Forschung zur digitalen Verbreitung von Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien gehen in unserem Verbund nun zu Ende. Am 10. Dezember trafen sich die Verbundpartner ein letztes Mal, um sich die gegenseitig ihre Projektergebnisse vorzustellen. Wir möchten die Ergebnisse kurz dokumentieren und Einblicke in die öffentliche Abendveranstaltung geben.
Das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik untersuchte historische Dimensionen von Verschwörungstheorien. Dabei wurden Dokumente analysiert, die bis zu tausend Jahre alt sind, von Ritualmordlegenden über Hexenverfolgungen und Freimaurer-Verschwörungen bis hin zu rechtsterroristischen Manifesten. Die Ergebnisse zeigen: Inhalte wie Erzählungen über Kindermord oder Satanismus ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte – genauso wie die Angst vor einem drohenden Umsturz. Diese Strategie der Angstmache ist bis heute ein zentrales Mittel in der populistischen Meinungsmache.
Die Professur für Political Data Science an der Hochschule für Politik der Technischen Universität München hat transnationale Vernetzungen und Aktivitäten untersucht, insbesondere in der Corona-Krise. Es wurde untersucht, wie koordiniertes unauthentisches Verhalten auf Social-Media-Plattformen die Covid-19-Debatte in Deutschland beeinflusst hat, insbesondere am Beispiel des Hashtags #nocovid. Die Analyse zeigt, dass zwar solches Verhalten vorkommt, aber keinen Einfluss auf die Debatte hatte. Stattdessen spielte die Plattformpolitik eine Rolle, da sie die Reichweite der Gegner eingeschränkt hat.
Das an der Freien Universität Berlin durchgeführte Teilprojekt zu den Diffusionsdynamiken von Verschwörungstheorien wollte herausfinden, ob und wie sich rechte Verschwörungstheorien über verschiedene digitale Plattformen und Medien hinweg verbreiten und welche Strategien genutzt werden, um die Erzählungen an die jeweilige Plattform und das Publikum anzupassen, damit sie möglichst viele Menschen erreichen. Das Projekt kam zu dem Ergebnis, dass rechtsextreme Verschwörungstheorien auf allen untersuchten Plattformen präsent sind, sich aber gezielt an ihr Publikum anpasse und so von Nischenplattformen bis in etablierte Medien vordringen.
Der Erfolg von Verschwörungstheorien und rechtsextremen Ideologien hängt in unserer digitalisierten Gesellschaft nicht nur davon ab, wer diese Inhalte produziert. Ein entscheidender Faktor ist auch, wie die großen Plattformen damit umgehen, über die solche Inhalte verbreitet werden. Das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft hat genau das untersucht: Wie reagieren die großen Tech-Unternehmen darauf? Welche Abhängigkeiten oder Zwänge beeinflussen ihre Entscheidungen? Das Team kam zu dem Ergebnis, dass Umgang mit Hass und Extremismus einem deutlichen Wandel unterliegt – weg von einer rein werteorientierten hin zu einer pragmatischeren Plattformpolitik. Besonders auffällig: Es geht heute nicht mehr nur darum, Inhalte zu moderieren, sondern gezielt deren Sichtbarkeit zu steuern.
Nach dem offiziellen Teil diskutierten wir auf dem Podium zu dem Thema „Umkämpfte Wahrheiten: Verschwörungstheorien im digitalen Zeitalter und die Stärkung demokratischer Resilienz“ mit Katharina Nocun (Autorin und Netzaktivistin), Andreas Speit (Rechtsextremismus-Experte, taz), Stefan Uecker (Leiter des Referats H III 1 – Wehrhafte Demokratie und Extremismusprävention im BMI) sowie unsere NEOVEX-Wissenschaftlerin Annett Heft. Die Diskussion moderierte Maik Fielitz vom IDZ. Die Diskussion bot wertvolle Einblicke und inspirierende Ausblicke auf zukünftige Herausforderungen.
Ein großer Dank geht an alle Praxispartner:innen, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie an alle Verbundpartner:innen.